Anthroposophische Medizin

mit freundlicher Genehmigung des Dachverbandes Anthroposophischer Medizin, Berlin, www.damid.de

Die Anthroposophische Medizin ist eine Therapieform, eine Heilkunst, die Schulmedizin und Geisteswissenschaft verbindet. Sie ist eine Erweiterung der modernen, naturwissenschaftlichen Medizin und ihrer Grundlagen. Die Anthroposophische Medizin steht nicht im Gegensatz zur Schulmedizin. Sie ist keine Alternativmedizin, sondern eine komplementäre Medizin. Dies lässt sich an drei wichtigen Punkten ablesen: Alle anthroposophischen Ärzte haben ein medizinisches Studium mit Approbation absolviert, vor jeder anthroposophischen Behandlung erfolgt eine schulmedizinische Diagnose und die Errungenschaften der naturwissenschaftlich orientierten Medizin werden bei der Behandlung durch den anthroposophischen Arzt eingesetzt. Seit 1976 ist die Anthroposophische Medizin im Arzneimittelgesetz als „besondere Therapierichtung“ und seit 1989 als medizinische Richtung im Sozialgesetzbuch V gesetzlich anerkannt und verankert.

Der anthroposophische Arzt betrachtet den einzelnen Menschen als Ganzes. Die körperlichen, seelischen und geistigen Aspekte des Patienten werden bei der Diagnose und Therapie gleichermaßen berücksichtigt. Krankheit entwickelt sich als Prozess und tritt als körperliche oder seelische Störung oder Veränderung auf, wenn die Wechselbeziehungen zwischen den verschiedenen Dimensionen des Menschen nicht mehr zusammen harmonieren. Krankheit drückt einen verlorenen Ausgleich aus. Sie wird nicht ausschließlich von außen verursacht, sondern entsteht ebenfalls aus inneren Bedingungen. Sie ist damit auch als körperliches Bild seelisch-geistiger Vorgänge zu verstehen und stellt keine rein materielle Panne oder gar eine Betriebsstörung dar. Krankheit hat vor allem mit der Individualität eines Menschen zu tun. Bestimmend sind also auch die individuellen Faktoren, die individuelle Situation der erkrankten Menschen. Der körperliche Befund und das seelische Erleben des Patienten werden in Zusammenhang mit der individuellen Biografie, dem bisher geführten Leben und der Persönlichkeit des Patienten gesehen.

Die Anthroposophische Medizin ist eine Medizin der individuellen Behandlung, eine Medizin der Einzelfälle, und damit eine patientenzentrierte und patientengerechte Medizin. Die Anthroposophische Medizin findet sich nicht damit ab nur Einzelteile eines Menschen, ein einzelnes erkranktes Organ zu behandeln. Ihr Ziel besteht vielmehr darin, dass der Patient mit Hilfe der anthroposophischen Therapien ein neues inneres Gleichgewicht, seine individuelle Gesundheit wiedergewinnt und selbst lernt, diese anhaltend zu stabilisieren. Dadurch erweist sich die Anthroposophische Medizin zugleich als nachhaltige Medizin.

Die Anthroposophische Medizin ist nicht von einer persönlichen und vertrauensvollen Beziehung zwischen Arzt und Patient zu trennen. Die tiefe Beziehung zwischen Arzt und Patient ist ein Zeichen ihrer Qualität. Sie ist eine Begegnungs-Medizin. Der Anthroposophische Arzt setzt sich zum Ziel, dem kranken Menschen würdig zu begegnen, seinen Heilbedarf zu identifizieren und ein vollständiges Bild vom ihm zu bekommen. Die dafür notwendigen intensiven Gespräche setzen besondere Sozialkompetenzen voraus.

Die Anthroposophische Medizin strebt nicht nur an, die Krankheitserscheinungen zu beseitigen, sondern auch die Selbstheilungskräfte des Organismus anzusprechen und zu stärken. Das sind Kräfte und Fähigkeiten, über die wir verfügen und die uns alltäglich gesund halten. Eine Grippe, von der man sich ohne Medikamente erholt sowie eine spontan geheilte Verletzung zeigen, wie diese Ressourcen wirken. Um die Krankheit auch von innen zu bekämpfen, unterstützen die anthroposophischen Therapien – wie Kunsttherapie (Plastisch therapeutisches Gestalten, Maltherapie, Musiktherapie, Therapeutische Sprachgestaltung), Gesprächstherapie, Biografiearbeit und Heileurythmie – die gesundheitsfördernden Ressourcen beim erkrankten Menschen. Diese Therapien wirken auf physischer, seelischer und geistiger Ebene. Auch die anthroposophischen Arzneimittel stärken die Selbstheilungskräfte des Patienten.

Die anthroposophischen Arzneimittel entstehen aus mineralischen, pflanzlichen und tierischen Substanzen, die nach besonderen pharmazeutischen Verfahren verarbeitet werden. Die dabei eingesetzten Pflanzen werden nach biologischdynamischer Methode angebaut. Diese Arzneimittel können als äußere Anwendungen in Form von Wickeln, Einreibungen, Teil- und Vollbädern, rhythmischen Massagen oder als innere Anwendungen in Form von Tabletten, Tropfen, Pulver und Injektionen angewendet werden. Auch hier wird dasselbe Prinzip angewendet: Das Gesundungspotential des Körpers soll erhöht werden. Wo Selbstheilungskräfte des Organismus nicht ausreichen, werden die bewährten schulmedizinischen Methoden zur Behandlung des Körpers eingesetzt.

Die Anthroposophische Medizin lenkt also ihren Blick nicht nur auf die Krankheiten und ihre Ursachen. Sie ergänzt diese pathogenetische Perspektive durch die salutogenetische Perspektive, indem sie den Akzent auf die Gesundheit, ihre Ursprünge und das Gesundungspotenzial der Patienten setzt. Die Anthroposophische Medizin ist eine salutogene Medizin. Die Anregung der Selbstheilungskräfte verleiht dem kranken Menschen eine aktive Rolle in der Überwindung seiner Krankheit. Ein Patient ist kein ausgeliefertes und hilfloses Objekt mehr, weil er an seinem Gesundungsprozess beteiligt wird.

Einige Krankenkassen haben einen Vertrag zur integrierten Versorgung mit anthroposophischer Medizin abgeschlossen. Sie haben sich damit verpflichtet, künstlerische Therapien, Heileurythmie und bestimmte Erst- und Folgegespräche bei anthroposophischen Ärzten zu erstatten. Eine Liste dieser Krankenkassen finden Sie hier…

 


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